
Design Thinking
Design Thinking ist eine kreative und problemorientierte Herangehensweise, die dazu dient, innovative Lösungen für komplexe Probleme zu entwickeln. Ursprünglich in der Designwelt entwickelt, wird diese Methode heute in einer Vielzahl von Bereichen und Branchen eingesetzt, um Herausforderungen anzugehen, die kreatives Denken und eine tiefere Verständnis der Nutzer erfordern.
Design Thinking fördert kreatives Denken, Zusammenarbeit und den Fokus auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer. Es ist eine vielseitige Methode, die in Unternehmen, Bildungseinrichtungen und gemeinnützigen Organisationen erfolgreich angewendet wird, um innovative Lösungen für komplexe Probleme zu entwickeln. Durch die Betonung von Empathie, Kreativität und Prototyping hilft Design Thinking dabei, frische und nutzerzentrierte Ansätze für die Lösung von Herausforderungen zu finden.
Hier sind die grundlegenden Schritte und Prinzipien des Design Thinkings:

Verstehen
In der ersten Phase des Design Thinking-Prozesses liegt der Schwerpunkt darauf, die Problemstellung oder Aufgabe vollständig zu durchdringen. Dies geht weit über ein einfaches Erklären hinaus. Es ist entscheidend, dass das gesamte Team ein gemeinsames Verständnis davon entwickelt, was genau das Problem ist und warum es eine Lösung erfordert. Dies bedeutet, dass alle Teammitglieder aktiv an der Diskussion teilnehmen müssen, um sicherzustellen, dass keine Missverständnisse oder unterschiedlichen Interpretationen bestehen bleiben.
Ein wichtiger Aspekt dieser Phase ist die Abgrenzung des Problems. Es ist unerlässlich, den Scope klar zu definieren: Was gehört zur Herausforderung und was nicht? Diese Grenzen helfen dabei, den Fokus des Teams zu schärfen und verhindern, dass man sich in Nebensächlichkeiten verliert. Hierbei ist es hilfreich, Fragen zu stellen wie: Was sind die Ziele dieses Projekts? Wer sind die betroffenen Nutzer oder Stakeholder? Welche Rahmenbedingungen sind gegeben, und welche Annahmen müssen wir überprüfen?
Die Verstehensphase bietet zudem die Möglichkeit, bestehende Daten und Erkenntnisse zu sichten. Dies kann beinhalten, frühere Forschungen zu analysieren, Nutzerfeedback zu berücksichtigen oder Marktanalysen heranzuziehen. Dieser umfassende Überblick bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte im Design Thinking-Prozess.
Erst wenn alle Teammitglieder dasselbe tiefgreifende Verständnis der Herausforderung teilen, kann das Projekt erfolgreich voranschreiten. Dies schafft die Basis für eine effektive Zusammenarbeit und sorgt dafür, dass alle Beteiligten auf dasselbe Ziel hinarbeiten.

Beobachten
In der zweiten Phase des Design Thinking-Prozesses rückt der Fokus auf die Nutzerinnen selbst. Das Ziel dieser Phase ist es, ein tiefes Verständnis für die tatsächlichen Probleme, Bedürfnisse und Wünsche der Menschen zu entwickeln, für die die Lösung geschaffen werden soll. Hierbei ist Empathie von zentraler Bedeutung – die Fähigkeit, sich in die Situation und die Emotionen der Nutzerinnen hineinzuversetzen.
Um diese Empathie zu entwickeln, greifen Teams auf verschiedene Forschungsmethoden zurück, die es ermöglichen, die Perspektive der Nutzer*innen aus erster Hand zu erfahren. Eine der effektivsten Methoden ist das Durchführen von Interviews, bei denen offene und gezielte Fragen gestellt werden, um die Herausforderungen und Wünsche der Nutzer*innen zu verstehen. Interviews bieten die Möglichkeit, tief in die Gedankenwelt der Nutzer*innen einzutauchen und Einblicke zu gewinnen, die über das Offensichtliche hinausgehen.
Beobachtungen von Nutzern sind eine weitere kraftvolle Methode, um die Realität der Nutzer*innen besser zu verstehen. Durch das direkte Beobachten der Nutzer*innen in ihrem alltäglichen Umfeld können Teams herausfinden, wie sie mit bestehenden Produkten, Dienstleistungen oder Problemen interagieren. Oftmals offenbaren sich dabei Bedürfnisse oder Schmerzpunkte, die den Nutzer*innen selbst vielleicht nicht einmal bewusst sind.
Ergänzend dazu können Umfragen eingesetzt werden, um eine breitere Datenbasis zu schaffen und quantitative Einblicke zu gewinnen. Umfragen ermöglichen es, Muster und Trends zu erkennen, die sich in der individuellen Nutzerinteraktion nicht sofort zeigen.
Wichtig in dieser Phase ist, sich nicht nur auf die offensichtlichen Probleme zu konzentrieren, sondern auch auf die latenten Bedürfnisse – die ungesagten und oft unbewussten Wünsche, die Nutzer*innen haben. Dies erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen.

Standpunkt definieren
Die dritte Phase des Design Thinking-Prozesses markiert einen entscheidenden Schritt hin zur Lösungsfindung, indem sie den Abschluss der intensiven Auseinandersetzung mit dem Problem bildet. Hier konzentriert sich das Team darauf, das gewonnene Verständnis der Nutzer*innen und ihrer Bedürfnisse in einen klaren und spezifischen Standpunkt, den sogenannten Point of View (POV), zu überführen.
Dieser POV ist mehr als nur eine einfache Problembeschreibung – er ist eine prägnante Aussage, die das zentrale Bedürfnis einer bestimmten Nutzer*in oder Nutzergruppe in den Mittelpunkt stellt. Ziel ist es, die Herausforderungen und Wünsche dieser Person so klar und fokussiert wie möglich zu formulieren, um eine solide Grundlage für die Ideengenerierung in der nächsten Phase zu schaffen.
Der POV sollte drei wesentliche Elemente enthalten:
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Die Nutzer*in: Wer ist die Person, für die die Lösung entwickelt wird? Hierbei geht es nicht nur um demografische Merkmale, sondern auch um tiefergehende Erkenntnisse, die in der Beobachtungsphase gewonnen wurden, wie Verhaltensweisen, Motivationen und emotionale Bedürfnisse.
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Das Bedürfnis: Was braucht diese Nutzer*in wirklich? Dieser Punkt sollte das zentrale Bedürfnis oder die zentrale Herausforderung benennen, die das Team lösen möchte. Es geht darum, das Kernproblem so zu formulieren, dass es sowohl greifbar als auch inspirierend für die Lösungsfindung ist.
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Die Einsicht: Warum ist dieses Bedürfnis wichtig? Hier wird erklärt, warum dieses Bedürfnis existiert und welche tieferliegenden Beweggründe dahinterstehen. Diese Einsicht sollte auf den Erkenntnissen basieren, die durch Empathie und Beobachtung gewonnen wurden.
Ein gut definierter POV hilft dem Team, den Fokus nicht zu verlieren und sicherzustellen, dass alle weiteren Schritte der Lösungsentwicklung auf die Bedürfnisse der Nutzer*innen ausgerichtet sind. Er dient als Leitstern für die Kreativität und stellt sicher, dass die entstehenden Ideen relevant und wirkungsvoll sind.
In dieser Phase wird oft deutlich, wie wichtig es ist, den POV präzise zu formulieren. Ein zu breiter oder unscharfer Standpunkt kann dazu führen, dass das Team sich in zu vielen Richtungen verzettelt. Ein klarer, spezifischer POV hingegen erleichtert es, innovative und zielgerichtete Ideen zu entwickeln, die das Leben der Nutzer*innen wirklich verbessern.

Ideen generieren
In der vierten Phase des Design Thinking-Prozesses dreht sich alles um Kreativität und Innovation. Hier liegt der Fokus darauf, eine breite Palette von Ideen zu entwickeln, die das zuvor definierte Problem auf verschiedene Weise lösen könnten. Diese Phase ist entscheidend, weil sie den Raum für kreative Exploration eröffnet, in dem das Team frei und unvoreingenommen neue Ansätze finden kann.
Die Ideenfindungsphase beginnt häufig mit kollaborativen Brainstorming-Sitzungen, in denen alle Teammitglieder ihre Gedanken und Vorschläge einbringen können. Bei diesen Sitzungen gelten einige wichtige Grundprinzipien: Alle Ideen sind willkommen, und keine wird als zu absurd, unrealistisch oder unkonventionell abgetan. Dieser offene Ansatz ist essenziell, um den kreativen Fluss aufrechtzuerhalten und innovative, manchmal unerwartete Lösungen zu entdecken.
Ein weiterer Schlüssel dieser Phase ist der Fokus auf Quantität und Vielfalt. Es geht nicht darum, von Anfang an die perfekte Idee zu haben, sondern so viele unterschiedliche Ideen wie möglich zu generieren. Durch das Sammeln einer Vielzahl von Ideen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass einige davon besonders vielversprechend sind. Oft entstehen die besten Ideen aus der Kombination oder Weiterentwicklung zunächst einfacher oder unkonventioneller Ansätze.
Verschiedene Kreativitätstechniken können genutzt werden, um den Ideenfindungsprozess zu fördern. Dazu gehören zum Beispiel:
- Mind Mapping, um die Gedanken visuell zu organisieren und Verbindungen zwischen verschiedenen Ideen herzustellen.
- SCAMPER, eine Technik, bei der bestehende Ideen verändert, kombiniert oder neu interpretiert werden, um neue Perspektiven zu gewinnen.
- Rollenwechsel, bei dem das Team versucht, das Problem aus der Sicht eines anderen Akteurs oder Nutzers zu sehen, um neue Ansätze zu entdecken.
Diese Phase erfordert eine Umgebung, die Kreativität und Zusammenarbeit fördert. Es ist wichtig, dass sich alle Teammitglieder wohl fühlen, ihre Gedanken frei zu äußern, ohne Angst vor Kritik. Um diesen kreativen Prozess zu unterstützen, können visuelle Hilfsmittel wie Whiteboards, Post-its und Skizzen verwendet werden, um Ideen festzuhalten und weiterzuentwickeln.
Am Ende der Ideenfindungsphase verfügt das Team über eine umfangreiche Sammlung an Konzepten, die das Potenzial haben, das definierte Problem zu lösen. In der nächsten Phase werden diese Ideen weiter verfeinert und in greifbare Lösungen überführt, aber in dieser Phase geht es vor allem darum, die kreative Energie zu maximieren und neue Möglichkeiten ohne Einschränkungen zu erkunden.

Prototyp erstellen
In der fünften Phase des Design Thinking-Prozesses wird eine der zuvor generierten Ideen ausgewählt, um sie in die Realität umzusetzen – allerdings nicht in Form eines voll funktionsfähigen Produkts, sondern als Prototyp. Ein Prototyp ist ein greifbares Modell oder eine Simulation der Idee, das es ermöglicht, die grundlegenden Konzepte und Funktionen auf eine kostengünstige und schnelle Weise zu testen. Hierbei geht es nicht darum, ein perfektes oder marktreifes Produkt zu entwickeln, sondern darum, die Idee erlebbar zu machen und erste Eindrücke darüber zu gewinnen, wie Nutzer*innen auf das Konzept reagieren.
Ein wesentlicher Aspekt dieser Phase ist das Verständnis, dass ein Prototyp keine vollständige Umsetzung der Idee darstellt. Er ist nicht zu verwechseln mit einem MVP (Minimum Viable Product) oder ähnlichen marktnahen Produkten, die bereits über grundlegende Funktionen verfügen und unmittelbar nutzbar sind. Stattdessen liegt der Schwerpunkt auf der Nutzung von möglichst einfachen und oft improvisierten Mitteln, um ein Nutzererlebnis zu simulieren und damit frühes Feedback zu ermöglichen.
Der Prototyp kann auf verschiedene Weise erstellt werden, abhängig von der Art der Idee und den Ressourcen, die zur Verfügung stehen:
- Bausteine oder andere einfache Materialien können verwendet werden, um physische Modelle zu bauen, die die Form, Größe oder Anordnung eines Produkts darstellen.
- Rollenspiele sind besonders nützlich, um Dienstleistungen oder Nutzerinteraktionen zu simulieren. Das Team kann verschiedene Szenarien durchspielen, um zu sehen, wie Nutzer*innen auf bestimmte Aspekte der Idee reagieren.
- Clickdummies oder einfache digitale Mockups sind hilfreich, um die Benutzeroberfläche und das Nutzererlebnis einer Software oder Website zu testen. Sie ermöglichen es, die Navigation und grundlegende Funktionen zu erleben, ohne dass eine vollständige Programmierung notwendig ist.
Die Einfachheit des Prototyps ist von großer Bedeutung, da es hier darum geht, schnell zu experimentieren und Erkenntnisse zu gewinnen. Einfache Prototypen lassen sich schneller erstellen und leichter anpassen, was in dieser Phase entscheidend ist. Das Ziel ist es, möglichst rasch Feedback zu sammeln und zu verstehen, wie Nutzer*innen mit der Idee interagieren, welche Aspekte gut ankommen und wo Verbesserungen notwendig sind.
Durch den Prozess des Prototyping wird die Idee nicht nur für das Team, sondern auch für externe Stakeholder und Nutzer*innen greifbar. Dies schafft eine wertvolle Grundlage für das Testen und weitere Verfeinern der Idee, das in der nächsten Phase des Design Thinking-Prozesses folgt. Prototypen ermöglichen es, Annahmen zu überprüfen, Risiken zu minimieren und die Erfolgswahrscheinlichkeit der finalen Lösung deutlich zu erhöhen.

Testen
In der letzten Phase des Design Thinking-Prozesses, dem Testen, wird der zuvor erstellte Prototyp auf den Prüfstand gestellt. Ziel dieser Phase ist es, den Prototyp für die Nutzer*innen erlebbar zu machen und wertvolles Feedback zu sammeln, das in die weitere Entwicklung der Idee einfließen kann.
Beim Testen geht es darum, den Prototyp in die Hände der Nutzerinnen zu geben und sie damit interagieren zu lassen. Dies ermöglicht es, zu beobachten, wie sie den Prototyp nutzen, welche Funktionen sie intuitiv verstehen, welche Herausforderungen sie dabei haben und welche Aspekte ihnen besonders gefallen oder missfallen. Durch diese direkte Interaktion können wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen werden, ob der Prototyp die Bedürfnisse und Erwartungen der Nutzerinnen erfüllt.
Das Sammeln von Feedback in dieser Phase ist von entscheidender Bedeutung. Hierbei können verschiedene Methoden zum Einsatz kommen:
- Beobachtung: Indem das Team die Nutzer*innen während der Interaktion mit dem Prototyp beobachtet, können ungesagte Reaktionen und Verhalten erfasst werden. Dies hilft dabei, unbewusste Hürden oder Missverständnisse zu erkennen, die durch das Design oder die Funktionalität des Prototyps verursacht werden.
- Interviews und Gespräche: Nach der Interaktion mit dem Prototyp können direkte Interviews geführt werden, um das Nutzererlebnis zu vertiefen und detailliertes Feedback zu erhalten. Hierbei sollten offene Fragen gestellt werden, die den Nutzer*innen Raum geben, ihre Gedanken und Eindrücke umfassend zu teilen.
- Fragebögen: Um quantitatives Feedback zu sammeln, können auch strukturierte Fragebögen eingesetzt werden, die spezifische Aspekte des Prototyps bewerten lassen.
Das in dieser Phase gewonnene Feedback ist von unschätzbarem Wert, da es das Team in die Lage versetzt, die Idee weiter zu verfeinern und potenzielle Schwachstellen frühzeitig zu identifizieren. Es kann sich herausstellen, dass bestimmte Annahmen, die während der Ideenfindung getroffen wurden, nicht zutreffen oder dass zusätzliche Features erforderlich sind, um das Nutzererlebnis zu verbessern.
Der Testprozess ist iterativ. Das bedeutet, dass die Erkenntnisse aus den Tests oft dazu führen, dass der Prototyp angepasst und erneut getestet wird. Diese Iterationen ermöglichen es, die Lösung schrittweise zu optimieren und sicherzustellen, dass sie wirklich den Bedürfnissen der Nutzer*innen entspricht.
Abschließend stellt die Testphase sicher, dass die endgültige Lösung nicht nur theoretisch gut ist, sondern auch in der Praxis funktioniert. Sie stellt sicher, dass das Endprodukt – ob physisch, digital oder dienstleistungsbasiert – nutzerzentriert und effektiv ist, bevor es in die nächste Phase der Umsetzung oder Markteinführung übergeht.
Jede dieser Phasen kann mehrfach durchlaufen werden. man kann jederzeit wieder in eine Phase zurückspringen, wenn das Team dies für hilfreich erachtet. So kann es zum Beispiel passieren, dass man beim Prototypen merkt, dass man einen bestimmten Aspekt des Problemes nicht in der Phase „Beobachten“ erforscht hat und dies noch tun will. Dann springt man zurück und durchläuft den Prozess erneut.
Ein Desgn Thinking Prozess kann je nach Projekt zwischen 1-2 Tagen und mehreren Jahren dauern. Der Schlüssel ist die Zeit, die man mit dem Beocbachten verbringt. Je mehr Zeit man auf Nutzer*innen verwendet, um so besser ist in der Regel das Ergebnis.
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